VIII. Opfer und Opferdivination. Da die Sdslaven vor der Annahme einer positiven Religion eine Naturreligion mit entsprechenden Gottheiten, Festgebruchen und bestimmten Culthandlungen besessen haben mssen, davon haben uns schon die vorhergehenden acht Abschnitte berzeugt. Zur vlligen Gewiheit in religionswissenschaftlicher Auffassung wird die berzeugung erst durch Betrachtung der noch bis in die Gegenwart zu Brauch bestehenden Opfer und der mit ihnen in engstem Zusammenhange befindlichen Augurien Mit groer Bestimmheit darf man die Behauptung wagen, da auch einst bei den Sdslaven, wie bei allen nichtchristlichen Vlkern, der Opfer- dienst den wichtigsten Kern des Cultes und den Mittelpunkt der meisten Feste und Feierlichkeiten ausgemacht hat. Man kann als allgemein giltig den Satz hinstellen: ohne Opfer keine Gtterver- ehrung ; wobei ich das Wort Gtter" nur als ein Aushilfswort in Ermangelung eines gemeinverstndlicheren Ausdrucks .gebrauche. Die dargebrachte Opfergabe ist ein Zeichen der menschlichen Ab- hngigkeit vom unergrndlich launischen Willen der gefrchteten unsichtbaren Mchte, eine Bestechung, um Schutz und Hilfe bei den menschenfeindliehen unfabaren Wesenheiten zu gewinnen und in letzter Reihe auch die Abtragung einer unterthnigen Dankesschuld fr eine erlangte Frderung menschlichen Wohl- standes. Ehrfurcht hegt erst der ausgereifte Culturmensch vor der Gottheit, der Naturmensch mehr Furcht als Ehrerbietung. Aus diesem Umstnde erklrt sich auch die frchterlich grausame Art mancher Opfergaben. Bei dem mir sehr knapp zugemessenen Rume mu ich mich darauf beschrnken, blo die bedeutendsten und zugleich zum Teil gewhnlichsten Opferbruche zu besprechen: das Toten- opfer; das Shnopfer, das Bauopfer und das Festopfer, und jedes mit einigen kurzen Beiegen zu beleuchten.