VI. Hexenglaube. Die sdslavischen Hexen sind den Hexen des westeuropi- schen, mittelalterlichen Vlkerglaubens durch eine Seitenlinie, fast drfte man sagen, illegitim verwandt; denn einer Seite ihres ur- sprnglichen Wesens nach sind es vermenschlichte Vilen oder leidige Stiefgeschwister der Vilen in Menschengestalt, lebende Menschenkinder, die der Volksglaube zu verderben- und unheil- bringenden Baum- und Waldgeistern macht, und von einer an- deren Seite, die Trgerinnen eines dahinschwindenden Opfercultes. Die Hexe ist das harmlose, unschuldige Opfer, welches sich der in der breiten Menge des Volkes angesammelte, nach Blut lech- zende Verfolgungsdrang als Ausgeburt religisen Wahnes zur Stillung seiner wilden Wollust am Gruseligen und Schauerigen auserkoren hat. Alter vorchristianischer und christlich mittelal- terlicher Volksglauben, genhrt und grogezogen durch die immer wieder zeugungskrflige Volksphantasie, haben in der Gestalt der Hexen ein mixtum compositum unsinnigster Gruel zu Wege ge- bracht. Der Hexenglaube der Sdslaven gleicht einem Wiener Kehrichtwagen, in den Abflle aller mglichen Art kunterbunt eingeworfen werden. Was fr lose aufeinandergeschichtete und durcheinandergemengte religise Vorstellungen begegnen sich nicht im Hexenglauben! Rein der Kehricht eines alten in Auflsung befindlichen Volksglaubens. Von der Wiege bis zum Grabe, und noch bers Grab hinaus, kurz alle Verhltnisse seines Lebens meint und glaubt der sdslavische Bauer in irgend welche urschliche Verbindung mit Hexen setzen zu mssen. Die bezeichnendsten Punkte allein dieses so pfadverschlun- genen Glaubens knnen nur zum Teil, soweit er sich auf die Erscheinung der Hexen bezieht und zur Ergnzung der vorher- gehenden Abschnitte dient, hier zur Sprache kommen.