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VI.
Qulgeister.
Wenn irgend ein Glaube allen Vlkern der Erde zu allen
Zeiten, unter allen Zonen und unter den verschiedensten Lebens-
bedingungen gemeinsam war und ist, so ist es der Glaube an
Qulgeister. In seinen Grundzgen viel Neues finden wir auch
im diesbezglichen Glauben der Ungarn nicht, wohl aber so man-
ches Wichtige, das zur Lsung mancher Frage einen nicht zu
verachtenden Beitrag liefert.
Beginnen wir mit dem Werwolfglauben.
Die geistige Krankheit Lykanthropie lt sich bei den
Magyaren nicht nachweisen, obgleich sie einmal auch bei diesem
Volke gegenwrtig gewesen sein mag. Als eine Krankheit, eine
Art Wahnsinn," bemerkt R. Andree, tritt die Lykanthropie be-
reits im ersten Jahrhundert auf und dauert bis ins spte Mittel-
alter fort. Sie zeigte sich besonders im Monat Februar, dann
verlieen die Kranken nachts ihre Wohnungen und schweiften
auf den Begrbnispltzen umher; wobei sie sich einbildeten, sie
seien Wlfe oder auch Hunde (Kynanthropie). Blsse und ein-
gefallenes Gesicht, hohle, trnende Augen, trockene Zunge und
brennender Durst, sowie Verminderung der Sehkraft deuteten auf
ein tiefes, krperliches Leiden. Die Unterschenkel dieser Kran-
ken waren bestndig mit Wunden und Geschwren bedeckt,
wegen des Straucheins und der Anflle der Hunde, deren sie
sich nicht erwehren konnten. Die Wlfe und Hunde nachahmend,
strichen sie bellend und brllend umher Im Mittelalter er-
reichte dieser Wahnsinn seinen hchsten Grad und wurde vor-
zglich dadurch furchtbar, da die Kranken in ihrer Wut Kinder
und Erwachsene tteten, wovon man im Altertum nichts wute." |
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